Wir kaufen einen Bauernhof … oder einfach tiergestützte Pädagogik

Von veganen und bilingualen Kitas haben die meisten bereits gehört, doch was ist tiergestützte Pädagogik? Was haben eigentlich die Kids davon? Und wie kannst Du Dich qualifizieren, wenn Du in einer solchen Kita arbeiten willst? Wir stellen dieses besondere Kindergarten-Konzept am Beispiel von Terminal for Kids vor.

Tiergestützte Pädagogik – mehr als Tierliebe in der Kita

Hunde, Pferde, Delfine … für Therapie- und Reha-Arbeit mit Kindern gehören Tiere längst zum festen Bestandteil – zumindest Bilder und Berichte darüber sind eigentlich jedem bekannt. Dass in Kitas nicht nur das Häschen zum Osterbesuch kommt, ist jedoch immer noch etwas exotisch. Dabei ist der Kontakt zu Tieren für Kinder eine entscheidende Bereicherung, um wichtige Kern-Kompetenzen auszubauen, Empathie und Verantwortungsbewusstsein zu schulen. Dazu kommen vielfältige Gefühle, die das Kind im Umgang mit Tieren empfindet und besser verarbeitet. Achtsamkeit und Respekt gegenüber der Natur werden viel praxisnäher vermittelt. Durch die Tierpflege lernen selbst Kleinkinder bereits, auf die Bedürfnisse eines anderen Lebewesens einzugehen, abzuwarten und auch mal zu verzichten.

Tierhaltung in der Kita

Die artgerechte Haltung in der Kita muss selbstverständlich gegeben sein, damit der richtige Lerneffekt bei den Kindern einsetzt und die Tiere nicht leiden. Es kommt auf die individuellen Gegebenheiten an – nicht jede Einrichtung kann einen ganzen Bauernhof unterhalten. Ein Besuch beim zuständigen Kreisveterinäramt klärt die gesetzlichen Regelungen bezüglich Tierschutz, Hygiene etc. Da der Unterhalt von Tieren kosten- und zeitintensiv ist, müssen die Eltern bereit sein, höhere Beiträge zu zahlen. Ohne die Bereitschaft der Angestellten für mehr Verantwortung geht es auch nicht.

Welche Tiere sind für eine tiergestützte Pädagogik geeignet?

Schafe, vor allem weibliche oder kastrierte, sind gerade für kleinere Kinder gut geeignet, da sie Herdentiere sind und auch etwas „gröberen“ Umgang sowie Geschrei gut abkönnen. Es sollten allerdings mindestens drei Schafe zusammenleben und für genug kinderfreie Auszeiten gesorgt sein.

Auch Kaninchen brauchen mindestens einen Artgenossen, Auslaufmöglichkeiten und Gelände zum Graben. Ansonsten müssen sie täglich gefüttert werden und sind für Menschen gut geeignet, die Angst vor größeren und temperamentvollen Tieren haben.

Hühner sind ebenso eine gute Wahl – denn hier kommt noch die spannende Aufgabe des Eiersammelns hinzu. Man sollte jedoch eine zutrauliche Rasse wählen, die sich auf den Arm nehmen und streicheln lassen. Vier bis fünf Hühner und ein Hahn ist eine gute Gruppengröße.

Hunde müssen unbedingt vor Einsatz in der Kita an kleine Kinder gewöhnt sein und den direkten Körperkontakt genießen. Auch ungestüme Kids dürfen ihnen nichts ausmachen. Um dem Tier gerecht zu werden, kommt es jeweils nur ein paar Tage in die Einrichtung – lebt ansonsten zum Beispiel bei einem der Erzieher.

Speziell ausgebildete Therapie-Hunde werden eingesetzt.

Klare Regeln für die tiergestützte Pädagogik

Alle Kita-Kinder müssen lernen, die Signale der Tiere richtig zu deuten. Kein Tier muss sich ständig streicheln lassen oder soll den ganzen Tag über mit Essen vollgestopft werden. Nach jedem Kontakt mit den Tieren ist Händewaschen angesagt. Ältere Kinder können in klaren Absprachen Aufgaben übernehmen wie den Stall gemeinsam sauber machen, Füttern, Bürsten und Pflegen. Das tiergestützte Angebot darf jedoch nicht zur lästigen Pflicht werden: Möchten Kinder den Tieren lieber nicht zu nah kommen, sollten Erzieher das respektieren.

Wir kaufen einen Bauernhof … und Hunde und Fische und Chamäleons und Insekten und …

Wie die Umsetzung tiergestützter Pädagogik aussehen kann, zeigt das Beispiel von „Farm for Kids“.

Auf einem großen Bio-Bauernhof bei Wiesbaden hat der Träger Terminal for Kids 10.000 m2 Land gepachtet und insgesamt über 250.000 Euro investiert. Mindestens einmal im Monat können die Kinder der TfK Einrichtungen auf dem Bauernhof mit den Tieren arbeiten und spielen. Auf dem Bauernhof finden die Kinder Alpakas, Esel, Hühner, Hasen und Gänse. Zusätzlich kommen die zertifizierten Therapiehunde Imly und Nala zweimal im Monat in die Einrichtungen.

Die Kinder lernen den Umgang mit den Tieren und helfen mit.

Ausdrücklich weist die Einrichtung darauf hin, dass den Kindern hier in Kooperation mit einem Biobauernhof eben kein „Streichelzoo mit Fressmaschinen“ geboten wird. „Farm for Kids“ setzt auf die Mitarbeit der Kinder und orientiert sich gleichzeitig an den natürlichen Bedürfnissen der Tiere.

Und das war noch längst nicht alles: In den Kitas von Terminal for Kids wird tiergestützte Pädagogik in vielen Bereichen gelebt. Hier gibt es zusätzlich Aquarien mit Fischen, Chamäleons, Insekten in Terrarien uvm. Dadurch lernen die Kinder die vielfältigsten Tiere kennen und verlieren die Angst vor ihnen.

Die Zielsetzung von Farm for Kids:

  • Vorsichtiger Umgang mit dem Tier
  • Überwindung von Ängsten
  • Verantwortung übernehmen
  • Kontakt mit Tieren
  • Freundschaft mit Tieren entwickeln
  • Ganzheitliche Stärkung
  • Anregung zum Sprechen

Kinder, die Angst vor Tieren haben, oder Eltern, die das Konzept ablehnen, müssen an der tiergestützten Pädagogik nicht teilnehmen. Das ist klar. Aber bis auf wenige Ausnahmen finden alle Kinder und Eltern das Konzept gut.

Was kostet tiergestützte Pädagogik?

Natürlich müssen es nicht gleich Esel und Alpakas sein. In manchen Kitas gibt es z. B. nur Hasen, Meerschweinchen und Fische, die noch recht günstig in der Tierhaltung sind. Viel wichtiger ist, dass jemand gefunden werden muss, der sich auch um das Wohl der Tiere kümmert. Was macht man z. B. in den Ferien? Oder an langen Wochenden? Tiergestützte Pädagogik erfordert auch immer Menschen, die die Extra-Arbeit übernehmen und notfalls das Tier auch zum Tierarzt bringen und versorgen. Kitas, die Tiere anschaffen möchten, sollten deshalb auch zuerst überlegen, wer sich um die Tiere kümmert und wer im Ersatz für die Person auch einspringen kann.

Wie bekomme ich einen Job in einer Kita mit tiergestützten Pädagogik?

Natürlich können Erzieher sich auch im Bereich tiergestützte Pädagogik weiterbilden und müssen nicht gleich gelernte Tierpfleger sein.  Allerdings sind die Angebote bzw. Stellen nicht gerade häufig, eine eingehende Recherche im Internet oder ein Blick auf unser Stellenangebot [Link] lässt Dich fündig werden. Probiere es am besten mit einer Initiativbewerbung. Du solltest im Umgang mit Tieren geübt sein, idealerweise selbst Haustiere besitzen. Es gibt außerdem Zusatzausbildungen als Tiertherapeut, die Dich weiterbringen können.

Allergien auf Tierhaar oder Ängste in Kontakt mit z. B. großen Hunden oder Pferden hingegen sind keine guten Voraussetzungen. Außerdem solltest Du Dich darauf einstellen, dass sich auch am Wochenende die Erzieher um bestimmte Tiere wie Hasen und Meerschweinchen kümmern müssen.

Infos zur tiergestützten Pädagogik:

Keine Lust mehr auf den alten Job? Wie wäre es mit anderen Kita Jobs? Such Dir einen neuen Job als Erzieher: Hier sind die Jobs für Erzieher.

Von rschulte

Ralf Schulte ist Texter, Redakteur, Creative Director, Marketingspezialist sowie Literatur-, Film- und Theaterwissenschaftler.

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