Stellenanzeigen für Erzieher-Jobs richtig lesen und verstehen

Ihr denkt, Ihr versteht, was in den Stelleanzeigen für Erzieher-Jobs geschrieben steht? Habt Ihr auch zwischen den Zeilen gelesen? Wer aufmerksam die Stellenbeschreibung für einen Erzieher- oder Kita-Job liest, erfährt mehr über das Unternehmen – und manchmal sogar mehr als es der Kita oder dem Träger lieb ist. Wir verraten Euch, was einzelne Formulierungen tatsächlich zu bedeuten haben und haben Euch mal die wichtigsten Textpassen übersetzt.

Natürlich mit einem Augenzwinkern! 😉

1. Der Titel der Stellenbeschreibung: „Erzieher/in, Kindheitspädagoge/in, Sozialpädagoge/in …“

Wahrscheinlich klingt das für Euch erst einmal gar nicht so interessant. Da ist eine Kita, die Fachpersonal aus den unterschiedlichsten Bereichen sucht.

Tatsächlich steht hier aber: Wir haben die Suche nach Erzieherinnen aufgegeben und suchen jeden, den wir bekommen können. Außerdem haben wir so viel Personal verloren, dass wir zahlreiche Posten besetzen müssen. Wir sind verzweifelt.

Für Euch bedeutet das: Einerseits habt Ihr hier gute Chancen, Euch den Posten rauszusuchen, der Euch am besten gefällt und am besten bezahlt wird. Ihr könnt aber davon ausgehen, dass die nächsten Wochen und Monaten ziemlich chaotisch werden. Bestimmt werden auch ein paar der neuen Kolleginnen und Kollegen wieder kündigen. Dann heißt es Überstunden und plötzlich musst Du eine andere Erzieherin in einer Gruppe vertreten, die Du eigentlich gar nicht wolltest.

2. Der Zusatz im Titel der Stellenbeschreibung: „… ab x Euro/Stunde“

Für Euch sieht es vermutlich erst einmal so aus, dass da jemand mehr Geld für den Erzieher-Job bezahlen möchte. Rechnet man nach, kommt man meist auf das gleiche Gehalt wie vorher. Also, nachrechnen lohnt sich.

Tatsächlich steht hier: Wenn wir nicht mehr Leistung, Vorteilen oder einer tollen Kita punkten können, dann versuchen wir es eben mit Geld. Schließlich erzählen die Medien immer das gleiche: Erzieherinnen und Erzieher wollen einfach nur mehr Geld, Geld, Geld.

Für Euch bedeutet das: Warum müssen die mit Geld locken, wenn uns ein freundliches und tolles Kollegen-Team viel wichtiger ist. Warum schreibt niemand in der Stellenanzeige „… in einer der schönsten Kitas“ oder „… wir sind ein lockeres und lustiges Team“?

3. Der Zusatz im Titel: „… und in 3 Minuten bewerben“

Klingt erst einmal gut. Hier kann man sich in drei Minuten bewerben. Wer will schon Zeit verschwenden.

Tatsächlich steht hier aber: Erzieherinnen und Erzieher sind viel zu faul, um sich ein paar Minuten länger zu bewerben. Das ist auch der Grund, warum sich keiner für einen unserer tollen Erzieher-Jobs bewirbt. Deswegen machen wir es Euch faulen Erziehern jetzt einfach: Macht ein Kreuzchen und wir stellen Euch ein.

Für Euch bedeutet das: Seien wir mal ehrlich. Wenn Ihr Euch für eine Kita interessiert, fragt Ihr erst einmal Eure Kolleginnen und Kollegen, die dort waren. Ihr recherchiert im Internet und durchforstet die Webseite der Kita, damit Ihr Euch ein Bild davon machen könnt. Das dauert immer länger als 3 Minuten.

4. Am Anfang der Stellenbeschreibung: „Wir sind … Träger von xx Kitas …“

Auch das liest sich erst einmal wie eine simple Information. Das ist eben ein großer Träger, der viele Kitas führt.

Tatsächlich steht hier aber: Wir sind ein großer Träger, der sehr unflexibel ist. Wo kommen wir denn hin, wenn plötzlich jede einzelne Kitas von uns ihren eigenen Weg geht? So ein großes Netzwerk kann nur dann funktionieren, wenn alle Kitas gleichgeschaltet werden. Ihr habt kreative Ideen für Eure Kita oder möchtet etwas anderes machen oder was Neues ausprobieren. Bitte nicht mit uns. Am Ende wollen das alle Kitas.

Für Euch bedeutet das: Ein großer Träger bringt eine gewisse Stabilität mit sich. Aber je mehr Stabilität, desto weniger gibt es Flexibilität. Wer gerne etwas bewegen möchte und eigene kreative Ideen hat, ist hier vermutlich nicht gut aufgehoben. Ausnahmen bestätigen die Regel.

5. Am Anfang: „Wir … wir … wir“

Auch hier scheint eine Kita oder ein Träger erst einmal nur informativ sein zu wollen.

Tatsächlich steht hier aber: Wir sehen die Welt nur aus unserer Perspektive. Warum sollen wir Dich ansprechen und Dir tolle Versprechungen machen? Wir sind doch so toll und haben schon so viel erreicht, da müssen wir nicht auf neues Personal eingehen.

Für Euch bedeutet das: Wenn sich eine Stellenanzeige mehr um die Kita oder den Träger handelt, dann läuft hier etwas schief. Die Stellenanzeige sollte dazu dienen, Euch anzusprechen und Euch mit waghalsigen Versprechungen zu locken. So klappt das nicht.

6. Deine Aufgaben: „Verwaltungsaufgaben …“

Manchmal steht in der langen Auflistung, dass der Erzieher oder die Erzieherin auch Verwaltungsaufgaben übernehmen soll. Kann man vielleicht machen, wenn man weiß, was das bedeutet.

Tatsächlich steht hier aber: Bei uns seid Ihr nicht nur Erzieher, sondern auch Sachbearbeiter oder Ihr müsst die Kita-Leitung im Büro unterstützen, weil diese heillos überfordert ist.

Für Euch bedeutet das: Wenn nicht genau geklärt ist, wann Ihr ins Büro sollt und wann zu den Kindern, kann das ein Ständiges hin und her für Euch werden.

6. Deine Aufgaben: „Zusammenarbeit mit den Eltern …“

Wer ist denn nicht-kooperativ als Erzieher/in? Natürlich möchte man mit Eltern zusammenarbeiten.

Tatsächlich steht hier aber: Bei uns werden die Eltern eingebunden und müssen Aufgaben übernehmen, die wir nicht stemmen können. Hier müsst Ihr ebenfalls Überstunden leisten.

Für Euch bedeutet das: Als Erzieher oder Erzieherin arbeitet Ihr immer mit Eltern zusammen. Ihr seid diesen aber nicht unterstellt und Ihr müsst mit diesen in der Regel auch keine Projekte stemmen. Das gehört nicht zu Euren beruflichen Aufgaben.

7. Das sind wir: „…flache Hierachien …“

Super, flache Hierachien. Hat man ein Problem, geht man direkt zur Kita-Leitung oder nicht?

Tatsächlich steht hier aber: Eigentlich gibt es bei uns nur die Hierachie-Ebene zwischen Erzieherin und Kita-Leitung – aber die ist so flach, dass man geduzt wird, wenn man einen Anschiss erhält.

Für Euch bedeutet das: Eine gute Kita hat meist flache Hierachien. Eine Selbstverständlichkeit. Wir sind kein Weltkonzern mit zwanzig Abteilungen zwischen Boss und Erzieherin. Warum werden hier also die flachen Hierachien so betont? Gibt es vielleicht keine anderen Benefits mehr, die man erwähnen könnte?

7. Das sind wir: „… Willkommenskultur …“

Eine Kita, die einen willkommen heißt, das klingt doch nett.

Tatsächlich steht hier aber: Willkommenskultur gilt nur für Kinder. Ihr bekommt die Arschkarte.

Für Euch bedeutet das: Ihr sollt Euch noch mehr um schwierige Kinder und Situationen kümmern. Das heißt: Es könnte ein noch anstrengender Job werden.

8. Wir bieten: „… Dialog auf Augenhöhe“

Auch das scheint erst einmal eine nette Formulierung für flache Hierachien und kollegiale Zusammenarbeit zu sein.

Tatsächlich heißt es aber: Wenn’s Ärger gibt, erntest Du unseren starren Blilck. Und wehe, Du starrst zurück.

Für Euch bedeutet das: Dieser scheinbare Benefit ist nicht nett gemeint.

9. Wir bieten: „… wir ermöglichen Fort- und Weiterbildungen“

Juhu, ein Fortbildungwochenende in Bayern oder ein Seminar für aufsteigende Kita-Leitungen – das wäre doch toll.

Tatsächlich heißt es aber: Du kannst gerne Fortbildungen machen, wenn Dein Job und Deine Arbeitszeit es zulässt. Leider sind wir unterbesetzt, sodass Du so schnell erst einmal nicht daran denken solltest.

Für Dich bedeutet es: Dieses Angebot steht im Raum und meistens bleibt es dort stehen.

10. Du bringst mit: „… Freude an der Arbeit mit Kindern“

Na klar, Du bist Erzieherin und freust Dich mit Kindern zu arbeiten. Also, das ist schon mal abgehakt.

Tatsächlich heißt es aber: Wir können Dir nicht viel bieten. Die Bezahlung ist schlecht. Der Job ist stressig und mit Überstunden verbunden. Aber zum Glück liebst Du diesen Job so sehr, dass Du nicht gleich kündigst.

Für Dich bedeutet es: Du bist doch nicht Erzieher oder Erzieherin geworden, weil Du die Arbeit hasst. Freude an der Arbeit mit Kindern ist die Basis Deines Berufs. Wer das extrem betonen muss, will dabei von anderen Punkten ablenken.

11. Das bringst Du mit: „… Ressourcen- und Ziel-Orientierung“

Wer arbeitet als Erzieherin denn nicht zielorientiert? Häkchen dran.

Tatsächlich heißt es aber: Stehe nicht doof rum, schaff was und sehe zu, dass Du in der vorgegebenen Zeit Deine Arbeit schaffst – auch wenn Du alleine bist.

Für Dich bedeutet es: Mehr Leistungsdruck und Stress.

12. Das bringst Du mit: „… Belastbarkeit“

Ja, als Erzieher oder Erzieherin kennt man sich aus mit Belastbarkeit.

Tatsächlich heißt es aber: Der Job ist stressig und mit Mehrarbeit verbunden.

Für Dich bedeutet es: Mehr Aufgaben, die Du übernehmen muss und mehr Stress.

13. Das bringst Du mit: „… konstruktiven Umgang mit Veränderungsprozessen“

Kinder erleben ständig Veränderungen in der Kita und beim Erwachsenenwerden. Das scheint also nichts Besonderes zu sein, oder?

Tatsächlich heißt es aber: Die Veränderungsprozesse betreffen nicht die Kleinen, sondern Dich. Das heißt: Wenn wir Dir morgen eine andere Kita und neue Kolleginnen zuweisen, solltest Du nicht heulen, sondern das still und konstruktiv hinnehmen.

Für Dich bedeutet es: Dein Job wird sich mit der Zeit verändern oder Du landest in einer anderen Kita.

14. Das bringst Du mit: „… wertschätzende Kommunikation“

Ein nettes Wort unter Kollegen dürfte doch nicht so schwer sein.

Tatsächlich heißt es aber: Auch wenn Du die Arbeit Deiner Kollegen und Kolleginnen unter aller S** findest und der Meinung bist, dass unsere Kita mehr anrichtet als hilft, dann behalte es am besten für Dich oder lobe uns einfach mal.

Für Dich bedeutet es: Behalte Deinen Frust und Deine Kritik für Dich. Hier interessiert es niemanden.

15. Das bringst Du mit: „… gute Deutschkenntnisse“

Das sollte doch nicht so schwer sein, als ausgebildete Erzieherin in Deutschland.

Tatsächlich heißt es aber: Wir haben keine Lust mehr, ständig Bewerbungen aus dem Ausland zu erhalten, ohne Lebenslauf, ohne Qualifikation.

Für Dich bedeutet es: Diese Kita oder dieser Träger haben ein großes Problem, neues Personal zu finden. Entweder liegt es an der Kita, den Kolleginnen und Kollegen oder sie haben gerade neu aufgemacht. Das könnte aber auch bedeuten, dass Du die fehlenden Kolleginnen in den nächsten Monaten durch Mehrarbeit ersetzen musst.

16. Deine Aufgaben: „… Förderung des Sozialverhaltens …“

Auch das ist eine tägliche Arbeit in der Pädagogik. Die Kleinen sollen schließlich lernen, dass sie anderen Kindern nicht einfach die Bauklötzchen auf den Kopf hauen dürfen, wenn es ihnen danach ist.

Tatsächlich heißt es aber: Wir haben viele auffällige und verhaltensgestörte Kinder. Der Job ist nicht einfach.

Für Dich bedeutet es: Mehr Stress, mehr Diskussionen und viele laute Kinder.

17. Deine Aufgaben: „… engagierter und selbständiger Arbeitsstil …“

Engagiert und selbständig arbeiten – das klingt doch nach einer Selbstverständlichkeit, oder?

Tatsächlich heißt es aber: Du musst vieles alleine hinbekommen. Warte aber nicht, bis wir Dich daraufhinweisen, mach es von alleine.

Für Dich bedeutet es: Mehrarbeit und wenn Du mal was übersiehst, bekommst Du einen Anschiss.

 

Ihr seht, in einer Stellenanzeige steht manchmal mehr, als nur Text. Natürlich wissen auch wir, dass die meisten Kitas ihre Stellenanzeigen aus vorformulierten Textpassagen übernehmen, die schon seit 20 Jahren durch die Einrichtung geistern. Und wer möchte diese schon in Frage stellen? Wir hoffen dennoch, dass Euch unsere Auflistung – auch wenn sie etwas übertrieben war – die Wahrnehmung geschärft habt. Dann klappt es auch beim nächsten Job.

 

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Von rschulte

Ralf Schulte ist Texter, Redakteur, Creative Director, Marketingspezialist sowie Literatur-, Film- und Theaterwissenschaftler.

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